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Da das alte Rathaus baufällig geworden war, beschloß man 1820 den Bau eines neuen Gebäudes. Dabei wurde auch der Turm neu errichtet, da der alte, eine Stiftung des Kaufmanns George Siegismund Deutsch, nach nur 23jähriger Lebensdauer im Jahr 1817 eingestürzt war. Ein früherer Turm war bereits 1761 niedergebrannt. Der von 1820, architektonisch wenig gelungen, stand in der Mitte des Rathausdaches bis zum Jahre 1891. Der danach errichtete Turm, der sich nun auf der Ostseite des Gebäudes befand, wurde anlässlich des großen Erweiterungsbaus im Jahr 1907 unter dem Bürgermeister Dr. Buder aufgeführt, nachdem die Stadt 15 Jahre lang ohne einen solchen hatte auskommen müssen. Im Jahre 1891 nämlich war auf Kosten des späteren Geheimen Kommerzienrates Julius Neumann die Vorderfront des Rathauses einem Umbau unterzogen worden, wobei der Erker nebst Balkon und Ziergiebel in der Mitte des Gebäudes errichtet wurde, während man den plumpen Turm abtrug. 1907 wurde das Rathaus bedeutend erweitert, teilweise erneuert und in Anlehnung an den Kupferstich von Merian mit einem schmucken Türmchen versehen. Die Innenräume und Flure wurden durch Maler und Stuckateure sehr ansprechend ausgeführt. Insbesondere das Sitzungszimmer des Magistrats glänzte durch Stoffbespannung der Wände und durch sein Mobiliar. Die Galerie im Rathaus, die Bürgermeister, Ratsherren und Ehrenbürger zeigte, war sehr beeindruckend und zeigte so manchen Charakterkopf. Im Stadtverordneten-Sitzungssaal, der später noch einen Zuhörerraum mit künstlerischer Ausmalung bekam, fiel das Sonnenlicht durch bunte Glasfenster und erzeugte Bilder in Rot, Blau, Gelb und Violett. Kurze Zeit später erhielt das Rathaus noch einen Anbau, der vor allem der Städtischen Spar- und Girokasse die erforderlichen Räume zur Verfügung stellte.

So diente das Rathaus mit seinen Mitarbeitern den Bürgern von Neudamm N/M bis zum Jahr 1945. Als die russische Armee - wie schon im Jahr 1758 - im Januar 1945 in Neudamm einmarschierte, brannte das Rathaus aus bis heute nicht geklärter Ursache ab. Gerüchte besagen, Hitlerjungen hätten die Rote Armee beschossen und russische Soldaten daraufhin das Feuer erwidert und schossen somit nicht nur das Rathaus sondern auch eine ganze Häuserzeile in Brand. Andere Zeugen widerum behaupten, die Brände seien durch die deutschen Stukaangriffe ausgelöst worden. Weitere Bewohner meinen, Neudammer Nazigrößen hätten das Rathaus in Brand gesetzt, um Akten und Unterlagen zu vernichten. Dies sind alles Spekulationen, die eigentlichen Ursachen werden sich sicherlich nicht mehr klären lassen. Literaturhinweis: "Neudamm", die Industrie- und Handelsstadt der nordwestlichen Neumark. Verlag J.Neumann-Neudamm, 1927.