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Wenn man von Bärwalde nach Südosten wandert, so grüßt in der Ferne ein schlanker Turm, statt flatternder Wetterfahne ernst und schlicht ein Kreuz an der Spitze. Es ist Trossin, nach letzter Zählung 409 Einwohner stark, Rittergut und acht bäuerliche Besitzer. Der Name ist wendischen Ursprungs, die Deutung unsicher. Immerhin hat die Annahme, daß er aus Troski (Trümmer) entstanden sei, einiges für sich. Denn etwa 2 Kilometer nach Fürstenfelde zu sind auf einer Anhöhe noch die Spuren ehemaliger Gebäude zu entdecken, und der Volksmund nennt diese Stelle das "alte Trossin". Also hat möglicherweise Trossin einmal dort oben gelegen, ist im Dreißigjährigen Krieg zerstört worden, und dann hat man den Wiederaufbau nicht am alten Platz, sondern an dem kleinen See vorgenommen, der heute so reizvoll mitten im Schlosspark liegt, durch den Namen "Troski" die Erinnerung an den nunmehr überwundenen Niederbruch wahrend. Doch das ist, wie gesagt, eine Vermutung, geeignet, darüber hinzuträumen, und erhebt keineswegs Anspruch auf historische Sicherheit. Heute ist Trossin kein verträumter Winkel, sondern nimmt bewusst und kraftvoll Anteil an der intensiven landwirtschaftlichen Arbeit der Gegenwart. Das Rittergut mit Forst, 5000 Morgen groß, baut in der Hauptsache Saatgetreide an. Einige 60 deutsche Arbeiterfamilien finden auf dem Gute Arbeit und Brot. Besitzer ist Graf Gerd Finck von Finckenstein. An dessen Vater, Graf Günther Finck von Finckenstein, kam Trossin durch Erbschaft vom Grafen von Voß im Jahre 1871. Er starb als vorletzter Besitzer am 13.Mai 1924. In früheren Jahrhunderten, auch noch während des Dreißigjährigen Krieges, hat Trossin, wie auch das benachbarte Schönfeld, der damals im Kreise weitzwerzweigten Familie von Sydow gehört. 1754 besaß es ein von Wedell, später bis 1804 ein Major von Blankensee von den Bärwaldern Dragonern. Von diesem kaufte es ein Graf Finckenstein, gleichfalls Bärwalder Dragoner, um es jedoch schon 1808 an einen Grafen von Voß weiterzugeben, dessen Nachkommen es bis 1871 behielten. Von dem Dragoneroffizier Graf Finckenstein stammen, wie man weiß, die alten Bäume an dem dem Dorfe gegenüberliegenden Ufer des Sees, die heute die Freude jedes Beschauers sind. An die Kirche, jetzt ein schlanker, gotischer Bau, erbaut von Graf Günther Finckenstein, knüpfen sich alte Erinnerungen. Sie ist errichtet worden auf den Fundamenten und unter Zuhilfenahme der Mauern des alten Gotteshauses, das im üblichen Landkirchenstil gebaut war und einen Fachwerkturm hatte, der in einer "Zwiebel" endete. In diesen Turm schlug in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Blitz ein. Man war damals in Trossin der festen Überzeugung, daß ein durch Blitzschlag entstandenes Feuer nur durch - Milch gelöscht werden könne, und so goß man eimerweise, was nur die Kühe hergeben wollten. Bei so sachkundigem Vorgehen konnte natürlich der Erfolg nicht ausbleiben; bald kam das Feuer zum Stehen. Und damit die braven Löschmannschaften auch ihr Vergnügen hätten, verdarb ein schlecht gezielter Milchstrahl dem die Löscharbeiten hoch zu Roß überwachenden Beamten den grauen Zylinder, den er nach damaliger Sitte trug. Leider sind nach jenem Brande der alte Taufengel und das Weihwasserbecken aus der Kirche abhanden gekommen. Aber ein anderes Denkmal, aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, befindet sich noch neben dem Patronatseingang, wenig beachtet, aber nicht ohne rührende Bedeutsamkeit für den, der seine Geschichte kennt. Es ist eine schöne, hohe und starke Ficht, wohl hundert Jahre alt. Man erzählt, damals habe in Trossin ein Schmiedegeselle mit seiner alten Mutter gelebt. Die Frau starb und wurde begraben, der Sohn aber hatte nicht das Geld, ihr ein Grabdenkmal zu setzen. Da pflanzte er der Mutter diese Fichte aufs Grab und sagte dabei: "Mutter, dieser Baum soll Dir ein Denkmal sein, das alle die steinernen Kreuze rings auf dem Friedhof überdauern soll!" Seine Hoffnung hat sich erfüllt, die Fichte ist heute einer der höchsten Bäume des Ortes und wird noch kommenden Geschlechtern erzählen von treuer Kindesliebe. Alte Gebäude sind in Trossin nur noch zwei vorhanden: Steinhöffels Scheune und der Stall der Schulzschen Wirtschaft, der früher zugleich Wohnhaus war. Alles übrige wurde zerstört durch die vielen Feuersbrünste, von denen der Ort heimgesucht worden ist. Im Jahre 1865 entstand ein großer Brand, der von der Kirchscheune bis zur Mächlerschen Wirtschaft alles in Asche legte. Ihm fiel auch die alte Schule zum Opfer, die ein Fachwerkhaus war und sich schon in so schlechten Zustand befand, daß die Schuljungen mit den Bänken die Füllungen aus den Fächern stoßen und durch die Bresche ihrem alten Lehrer davonlaufen konnten. Der, halbblind und halbtaub, pflegte in solchen Fällen nicht zu merken, um was es sich handelte, sondern fragte wohl, wenn das Zimmer unter der Wucht der Sturmböcker erzitterte, ganz erstaunt: "Hat es nicht eben gedonnert?" Man erzählt, jener große Brand sei dadurch gelöscht worden, daß der Bärfelder Inspektor, ein alter Sager (heißt wohl ein in der Kunst des "Besprechens" Bewanderter) dreimal durchs Wasser geritten sei. Wer dächte bei solcher Erzählung nicht an Mörikes Ballade "Der Feuerreiter" und die ihr zugrunde liegende Vorstellungen! Soll ich noch erzählen, wie Trossin in den Jahren der großen Brände in einem heißen Sommer auch von einer schweren Wassernot heimgesucht wurde? Wie nicht nur sämtliche Brunnen im Dorfe austrockneten, sondern auch der See so zusammenschrumpfte, daß man seinen kostbaren Inhalt durch eine Umzäunung gegen Diebe verwahrte und jedem Familienvater täglich nur eine "Reise" Wasser gestatten konnte? Wie in jenem Jahre auf dem Weinberg, einer kleinen Erhöhung jenseits des Sees, selbst die Trauben verdorrten, die sondt den Abendmahlswein herzugeben pflegten? Oder soll ich berichten, wie im Anfang des vorigen Jahrhunderts das Dorf längere Zeit ohne Lehrer war, bis endlich einem Trossiner Hausvater ein Verwandter einen Webergesellen empfehlen konnte, der so schön beten und singen konnte und somit für fähig zum Schulehalten angesehen werden müsse? Wie fremd, ja unwirklich dünken einen heute solche Möglichkeiten! Die alte Zeit ist auch für Trossin vorüber. Wir wünschten fast, daß uns noch mehr an sie erinnerte. Wenige alte Familiennamen nur finden sich noch im Orte: Borngräber, Mächler, auch Steinhöffel. Zwar hat fast keine der Wirtschaften durch Verkauf ihren Besitzer gewechselt, aber die meisten haben sich nicht im Mannesstamm vererbt. Doch mag auch Altes und Gutes verschwunden sein, wie die Kinder vergangener Jahrhunderte fest in ihrer Zeit gestanden und aus "Trümmern" ein Neues gebaut haben, so wollen auch wir in unserer Zeit leben, die Aufgaben der Gegenwart erkennen und an unserem bescheidenen Teil daran mitarbeiten, daß der vor neun Jahren zertrümmerte Bau unseres Vaterlandes sich bald zu neuer Größe erhebe! |
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